Im ersten Teil von Katharinas Geschichte berichteten wir über die katastrophalen Zustände im Pflegeheim, unter denen ihre Mutter litt. Lesen Sie nun, wie es der älteren Dame weiter erging – und was ein starker Familienzusammenhalt bewirken konnte.
Mitte November 2020 gab es einen „Corona-Ausbruch“ im Heim. Alle positiv getesteten Personen durften im ersten Stock auf ihren Zimmern bleiben, die negativ getesteten mussten in den 4. Stock umziehen. Meine Mutter war positiv, aber komplett symptomfrei. Auch die anderen auf ihrer Etage hatten maximal etwas Halskratzen und Schnupfen, wie mir ein Pfleger verriet. Nach zehn Tagen wurden alle nochmal schnell getestet. Diesmal durften die „Negativen“ zurück in ihre Zimmer, die „Positiven“ mussten umziehen. So auch meine Mutter, trotz völliger Symptomfreiheit. Jetzt wurde sie in einem fremden Zimmer in der vierten Etage eingesperrt. Erst am 30. November war der Test endlich wieder negativ und sie durfte zurück in ihr Zimmer. Ich erfuhr das alles immer nur über die Heimleitung. Mit meiner Mutter konnte ich ja nie sprechen. Wie verwirrt und einsam sie sich wohl gefühlt hat. Ich möchte nicht wissen, wie viel Schlafmittel man einsetzen musste, um die alten Menschen ruhig zu halten.
Um die strengen Besuchsregeln zu umgehen, kam mir die Idee, Mutter jede Woche per Krankentransport auf eigene Kosten zu mir zu fahren. Ich habe jeden Montag frei und eine behindertengerechte Wohnung. Von nun an wurde Mutter jeden Montagvormittag samt Rollstuhl abgeholt und nachmittags wieder zurückgefahren. Wir konnten uns ohne Aufsicht umarmen, zusammen essen, mein Bruder und die Enkelkinder kamen ab und zu dazu. Man konnte ganz einfach wieder Mensch sein. Wir feierten so auch Weihnachten bei mir daheim. Der Fahrtdienst brachte Mutter zuverlässig. Möglich war dies nur durch entsprechende räumliche, zeitliche und finanzielle Möglichkeiten, die wohl die wenigsten in gleicher Situation so haben.
Wir widerstanden dem Impfzwang
Kurz vor Weihnachten 2020 begannen die Impfaktionen in den Pflegeheimen. Man sollte innerhalb weniger Tage eine Einverständniserklärung unterschreiben. Ich konnte meinen Bruder überzeugen, dies nicht zu tun. Mutter war frisch genesen bzw. hat das Ganze symptomfrei weggesteckt und keiner konnte mir garantieren, dass sie Nebenwirkungen wie Schüttelfrost und Fieber überhaupt übersteht. Wir gaben unser Einverständnis nicht!
Die regelmäßigen Fahrten zu mir klappten wunderbar. So kam sie regelmäßig raus aus ihrem Hygieneknast. So oft wie möglich gingen wir zusätzlich unter der Woche spazieren und umarmten uns – ungeimpft und maskenfrei. Die Besuchsregeln im Heim wurden zwischenzeitlich angepasst. Angehörige mit Impfpass durften ungehindert und ungetestet zu ihren Angehörigen aufs Zimmer, ansonsten war ein selbst zu zahlender PCR-Test nötig. Es war quasi ein Ausschluss aller ungeimpften Besucher. Ich hatte solche Angst, dass Mutter bettlägerig wird und nicht mehr im Rollstuhl rausgeschoben werden kann. Dann hätte ich sie wieder nicht sehen können. Ein Besucher mit Impfpass fragte mich, als ich am Eingang wieder mal auf Mutter wartete, warum ich nicht hereinkommen würde. Als ich ihm sagte, dass ich das ohne Impfung nicht darf, sprang er entsetzt und angewidert drei Meter zurück … was für ein Irrsinn!
Im damaligen Rundbrief des Heimes wurde das Festhalten an Hygienemaßnahmen damit begründet, dass es immer noch Ungeimpfte gäbe, die man dadurch schützen müsse. Da wurde schon ziemlich klar kommuniziert, wer „schuld“ an den Umständen war.
Ich wusste immer noch nicht, wie ihr Zimmer und ihr Kleiderschrank inzwischen aussehen. Früher war der Tisch immer voller Blumen und der Schrank sauber aufgeräumt.
Mutter wurde immer schwächer, wurde von Pflegestufe 3 in 4 gestuft. Immer wieder kam ein Anruf, wenn sie wieder aus dem Rollstuhl gefallen war. Wenigstens gab es jetzt nach einer kurzen Untersuchung im Krankenhaus keinen 2-wöchigen Zimmerarrest mehr. Weihnachten 2021 konnte Mutter dank dem Fahrdienst wieder bei mir daheim im Kreise ihrer Lieben feiern.
Die Willkür voll ausgelebt
Im Januar 2022 gab es dauernd Probleme mit der Abholung. Einmal war keine Pflegekraft da, die Bescheid wusste und Mutter reisefertig machen konnte, sodass der Fahrer ohne Mutter wieder abziehen musste. Dann fing das Quarantäne-Drama wieder an. Wegen einer einzigen symptomlos positiv getesteten Bewohnerin auf der Etage bekamen wieder alle anderen Zimmerarrest und Mutter durfte nicht abgeholt werden. Im Februar war dann endlich keine Quarantäne mehr, aber bei der Abholung wurde der dreifach geimpfte und täglich in der Firma getestete Fahrer ohne Mutter wieder weggeschickt, weil er sich nicht nochmal im Heim erneut testen lassen wollte. Die Willkür wurde wieder voll ausgelebt. Spazieren gehen war auch nicht immer möglich, wenn sie Mutter wieder mit Schlafmittel komplett ausgeknockt hatten und sie nicht wach bekamen.
Im Juli 2022 war in Bayern die Isolationspflicht für Kontaktpersonen endlich aufgehoben. Trotzdem wollten sie wieder Mutter wegen einer einzigen positiv getesteten Bewohnerin einsperren. Ich wurde sehr wütend und drohte mit dem Anwalt. Das half. Mutter durfte montags wieder zu mir fahren.
Im August 2022 wurde die vierte Impfaktion angekündigt. Wer noch nicht vorher gestorben war, sollte die vierte Spritze bekommen. Man legte mir einen bereits vorausgefüllten Einwilligungsbogen vor, bei dem ich die Einwilligung dick durchstreichen musste und mein Veto explizit nochmal vermerkte. Mutter wurde auch zum vierten Mal nicht geimpft. Sie hat ganz andere Probleme als Corona. Mit der vorausgefüllten Einwilligung überrumpelt man wohl leicht den ein oder anderen Senior oder Angehörigen.
Viele starben einsam
Im September 2022 war Mutters 90. Geburtstag. Fünf Jahre ist der Schlaganfall jetzt her. Seitdem hatte sie über die Hälfte der Zeit neben der eigenen Pflegebedürftigkeit auch noch diese unmenschlichen Maßnahmen ertragen müssen. Die meisten ihrer Mitbewohner von damals leben nicht mehr. Viele sind einsam gestorben. Den Geburtstag konnte sie wieder bei mir daheim feiern. Aber sie bekommt immer weniger mit, wird zunehmend schwächer. Inzwischen hat sie Pflegestufe 5. Zum Glück ist sie noch transportfähig und ich schaffe es noch allein, sie daheim bei mir auf die Toilette zu bringen. Besuchen darf ich sie nur mit aktuellem Schnelltest einer Teststation, immerhin ist keine Impfung mehr erforderlich. Aber das tue ich mir nicht mehr oft an. Es ist so unlogisch. Draußen kann ich sie umarmen, mit ihr essen, sie auf die Toilette bringen, alles ohne Maske.
Im Heim herrscht weiter der Hygieneterror, der tägliche spontane Kurzbesuche unzumutbar macht. Und es ist kein Ende in Sicht. Man verfügt über die alten Menschen und niemanden interessiert es, ob sie das überhaupt wollen und wie sehr sie darunter leiden. So will niemand seine letzten Tage verbringen!
Das tut mir alles sehr leid.
Ich glaube, ich hätte versucht, eine alleinstehende Pflegerin aus einem anderen Land für Zuhause zu finden. Das hätte am Ende vielleicht fast weniger gekostet, als die Fahrerei & der Heimplatz.
Mein Vater war auch alt& krank, aber konnte zum Glück noch Zuhause versorgt werden. Mittlerweile ist er, 3 – fach gespritzt, tot.
Alles Gute ! Katrin