Ärzte, die bei ihren Patienten auf Eigenverantwortung setzen, gab es auch in der Coronazeit. Diesen wurde dann schon mal die Polizei vorbeigeschickt. Was eine Praxismanagerin erlebte und wie sie über das Gesundheitswesen denkt, erzählt sie hier.  Lesen Sie auch den  ersten Teil ihres Berichts.


 Der rachsüchtige Denunziant

Es gab sie aber auch, die anderen. Herr L. war mit einer Entscheidung eines Arztes unzufrieden, und verließ ungehalten unsere Praxis. Keine zehn Minuten später stand die Polizei vor der Tür! Mein Chef öffnete als Gesichtsmensch die Tür. Die erste Reaktion des Beamten: „Haben Sie keine Maske?“.

Man hätte eine Anzeige erhalten, dass in der Praxis keine Masken getragen würden. Mein Chef berichtete den Polizeibeamten, er sei derzeit allein in der Praxis, da trage er natürlich keine Maske. Es wurden sämtliche Räume inspiziert und nach etwaigen Nichtmaskierten durchsucht – ohne Erfolg. Wobei anzumerken wäre, der Patient, der die Polizei gerufen hatte, hat seine Maske selbst nur auf halb acht getragen.

Auch ich vergesse nicht

Ich bin nun seit über 35 Jahren im Gesundheitswesen tätig, aber alles in allem habe ich noch nie eine solche Dankbarkeit von Patienten erfahren wie in dieser Zeit. Patienten, die nach dem Termin nochmals anriefen und sich für den menschlichen Umgang bedankten, das berührte mich jedes Mal. Einerseits war das natürlich sehr schön, andererseits hat mich der Umgang, den die Patienten in anderen Praxen erfahren hatten, sehr beschämt und auch demütig gemacht. Es war vor dieser Zeit schon ein Problem, dass viele den Patienten nicht zuhörten, aber diese Zeit hat das noch intensiv verstärkt. Wir haben den Patienten bezüglich seiner Ängste ernst genommen und ihn selbst das Risiko bestimmen lassen.

Man muss auch verstehen, dass es Menschen gibt, die Angst vor Ansteckung haben, ob begründet oder nicht, und Angst ist etwas sehr Persönliches. Wenn man die Patienten individuell betreut und vorher mit ihnen spricht, dann lässt sich vieles ohne Probleme und Zwischenfälle handhaben. Eine Sache der Organisation, die sicher etwas aufwändiger ist, aber auch eine Frage der Wertschätzung innerhalb eines Teams. Ich bin meinem Chef für seine Besonnenheit in dieser Zeit unendlich dankbar und werde dies nie vergessen!

Das Problem der Versorgung

Mein persönliches Fazit insbesondere aus den letzten drei Jahren: Wer Angst vor einer Infektionskrankheit hat, hat sich mit dem Gesundheitswesen die falsche Branche ausgesucht und sollte eine Umschulung erwägen! Das ganz entscheidende Problem im Gesundheitswesen ist die gesetzliche bzw. kassenärztliche Versorgung der Patienten. Der Patient ist nicht der Geschäftspartner des Arztes, des Krankenhauses oder der Physio etc., noch nicht einmal die Krankenkasse, sondern hier wird noch die Kassenärztliche Vereinigung dazwischengeschaltet.

Daher ist der Patient nicht der Kunde, sondern die Ware und dies mit Zwischenhändler. So behandelt man ihn auch in vielen, vorwiegend großen Einrichtungen. Ich weiß, dass viele diese Systematik nicht erkennen und auch auf „unserer“ Seite nach Solidarität schreien, das ist das Problem und nicht die Lösung. Da wird dann noch Neid geschürt – die Privatpatienten, ja, wer weiß denn schon, warum der Privatpatient bevorzugt wird? Es geht hier nicht um die höhere oder bessere Vergütung – die ist oft sogar geringer als bei Kassenpatienten.


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