Eva, 54, technische Zeichnerin

Ich sitze im Biergarten, die Sonne scheint, die Musikgruppe spielt bayerische Lieder, die Leute sitzen eng beieinander, essen, lachen und genießen die Freizeit. Wie vor der Coronazeit, als wäre nie etwas gewesen. Aber ich habe mich verändert. Ich schaue mir die Menschen an. Sind es dieselben Personen, die mich noch vor nicht allzu langer Zeit gemaßregelt haben, wenn ich nicht ganz genau den Abstand eingehalten hatte oder die Maske nicht ordnungsgemäß über Mund und Nase saß, die die alle Regeln zu 100 % befolgt haben? Ich kann es gar nicht glauben. Es war wie ein Spuk – und doch hat es uns alle betroffen.

Pssst, der Feind hört mit

Oft habe ich meine Eltern gefragt, wie das damals im Krieg und kurz danach in Deutschland war. Sie erzählten es mir: Zusammenstehen in Gruppen öffentlich auf den Straßen war nicht erlaubt. Es gab nächtliche Ausgangssperren, wer das Bundesland oder die Stadt verlassen wollte, benötigte eine Erlaubnis.

Überall hingen Schilder „Pssst, der Feind hört mit“, eine Kampagne des Propagandaministeriums, auch um das „kleine Volk“ zum Schweigen zu konditionieren. Verdunkeln der Fenster war wichtig, wer das nicht richtig tat, wurde vom Nachbarn denunziert. Juden durften ab 1942 keine öffentlichen Verkehrsmittel mehr benutzen. Die Angst vor martialischen Strafen hielt die Bevölkerung klein. Für mich waren dies unvorstellbare Geschichten aus einer dunklen Vergangenheit, nie habe ich mir vorstellen können, dass Menschen so leicht zu beeinflussen sind, dass sie blind Befehle ausführen und akzeptieren.

Als Ungeimpfte gab es uns nicht mehr

Im Nachhinein bin ich dankbar für diese augenöffnende Zeit während der Coronamaßnahmen. Auch für uns war es nicht immer leicht. Hochzeiten, Taufen und Feste im engeren Verwandten und Freundeskreis wurden gefeiert, mein Mann und ich wurden nicht mal informiert. Als „Ungeimpfte“ waren wir auf einmal nicht mehr existent.

Geholfen hat es sehr, dass wir beide die gleiche Einstellung zu dem Thema hatten und es daher zwischen uns deshalb nie zu Diskussionen in der Partnerschaft kam. Wir entdeckten viele YouTube Kanäle, die uns auf dem Weg durch die Krise begleiteten, wie auch unter anderem den „Digitalen Chronisten“, und die „Salongespräche“.

Friseurbesuch in der Prohibition

Es gab aber auch Menschen, die sich uns gegenüber neutral oder hilfreich verhalten haben, von einigen hatte ich das nicht erwartet und wurde sehr positiv überrascht.

Während der Coronazeit habe ich viel Zeit mit meiner über 90-jährigen Mutter verbracht. Obwohl alle wussten, dass sie nicht geimpft war, kam der Pflegedienst regelmäßig, die Fußpflege schlich sich im Geheimen ins Haus und während des totalen Lockdowns wurden meiner Mutter in ihrer Wohnung, wie zu Zeiten der Prohibition bei heruntergelassenem Rollo, die Haare von der Friseurin gewaschen und geschnitten. Meine Mutter war dement und ihr war die Sache mit Corona komplett unverständlich.


Wie es Eva und ihrer Mutter weiter erging, lesen Sie hier in Kürze …


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