Katrin, 42, Kinderkrankenschwester und Heilpädagogin

Als Mutter dreier Kinder war ich jahrelang als Helferin in der Schule engagiert, in die meine Kinder gingen. Ich unterstützte dort ehrenamtlich in der Schulbücherei oder bei Computerdiensten. In der Coronazeit durfte ich als Ungeimpfte wegen der 2G-Regelung nicht einmal mehr das Gebäude betreten. Das war ein ziemlicher Schlag für mich. Für mein jahrelanges Engagement hatte ich mehr Wertschätzung erwartet. Schlimm war auch, dass ich letztes Jahr zu keinem Elternabend oder Elternsprechtag mehr durfte.

Die Nachbarin hatte Angst vor mir

In der Nachbarschaft leben viele ältere Menschen und es war für mich selbstverständlich, ihnen beim Einkauf oder im Alltag zu helfen. Eine mir gut bekannte Nachbarin hatte sich durch die Medien verunsichern lassen und bekam plötzlich bei nachbarschaftlichen Zusammentreffen Angst vor mir, z.B. beim Glühweintrinken im Winter. Laut schimpfte sie über Ungeimpfte und die Gefahr, die von ihnen ausging, was mich kränkte. Nachdem die Maßnahmen im Frühjahr gelockert wurden und ich im April Corona hatte und die Nachbarin im Sommer, hatte sie dann keine Angst mehr vor “Ungeimpften”.

Ich war nie auf Anti-Maßnahmen-Demos, habe aber in den sozialen Medien Kritik an den Maßnahmen geäußert. Daraufhin wurde ich aufs Übelste beschimpft, sogar als Rechtsextremistin. Da verstand ich gar nichts mehr. Was bitte hat denn das eine mit dem anderen zu tun?

Mein Jüngster blieb alleine

Natürlich litten auch meine Kinder in dieser Zeit. Für meinen Jüngsten war es am schlimmsten. Die ganze Zeit, die er in der Schule verpasste, ist durch nichts mehr nachzuholen. Ich versuchte alles, um ihm Zeit mit seinen Freunden, von denen er viele hatte, zu ermöglichen, aber die Eltern hielten sich strikt an die Kontaktbeschränkungen. So kam es oft vor, dass die Anzahl an offiziell erlaubten Kindern schon voll war und er blieb alleine. Der seelische Stress, Kinder auswählen zu lassen, wer von den Freunden mit ihnen spielen darf und wer nicht, der hat damals keinen interessiert. Im Unterricht, sobald wieder möglich, durfte er seine Freunde dann sehen, aber in der Freizeit war nichts zu machen. Mein Junge hat Kontakte gesucht und blieb alleine – das ist etwas, das ich kaum verzeihen kann.

Demütigung in der Notaufnahme

Im Oktober 2021 zog sich mein Ältester eine schlimme Wunde zu, und ich fuhr mit ihm in die Notaufnahme. Der Arzt, der uns dort empfing, war regelrecht aggressiv, nachdem er gehört hatte, dass wir beide nicht gegen Corona geimpft waren. Er hätte, so sagte er, meinen Sohn am liebsten gleich geimpft. Von „Coronaleugnern“, zu denen ich nie gehörte, denn natürlich wusste ich um die Existenz des Virus, hätte er die Nase voll. Der angemessenen Behandlung der akuten Wunde ging also eine psychische Demütigung voraus.

Dies sind nur einige Beispiele, die mein Weltbild und das meiner Kinder in den letzten Jahren nachhaltig erschüttert haben. Plötzlich war alles egal, was man für andere getan hat, denn fehlte eine bestimmte Impfung, war man plötzlich nichts mehr wert und wurde ausgeschlossen.

Ich wünsche mir eine angemessene Aufarbeitung dieser Zeit, und hoffe, die Gesellschaft hat etwas daraus gelernt.