Gisela, 57, Rentnerin

Das ist nicht meine Schwester

Mein Mann und ich sind beide ungeimpft. Wobei ich zugeben muss, immensen Druck ausgeübt zu haben, bis hin zu: “Lässt Du Dich impfen, bin ich weg!” und “Bevor mir jemand dieses Zeug mit Zwang spritzt, bringe ich mich um – so eine Angst habe ich davor”.

Wie man sieht, war ich ziemlich radikal in meiner Meinung – heute weiß ich nicht mehr, was mich damals warnte. Mein Mann meint heute: “Ich würde nicht mehr leben, wärst Du damals nicht so heftig gewesen.” Wir sind beide chronisch krank – sein ganzer Körper ist eine Baustelle – von Herzinfarkt und Diabetes bis zu kaputten Nervensträngen. Ich selbst habe Multiple Sklerose. Wir haben beide nach 2 Jahren dann Covid bekommen und sind uns einig, dass es zwar heftig, aber kurz war. Oft hörten wir beide, dass wir ein furchtbares Risiko eingehen, wenn wir uns nicht impfen lassen. Nun, wir leben unser Leben und sind mittlerweile froh darum.

Propagandaopfer?

Aber seit Corona hat sich unser Freundeskreis deutlich verändert. Worunter ich jedoch wirklich leide, ist die Beziehung zu meiner Schwester. Wir hatten immer ein sehr enges Verhältnis – und als sie meinte, sie würde sich impfen lassen, akzeptierte ich viele ihrer Argumente. Sie wollte ihre behinderte Tochter nebst Wohngruppe schützen, genauso ihre Mutter und andere Menschen in ihrem Umfeld. Was ich nicht nachvollziehen konnte, war ihre Angst vor Thrombosen, die durch Covid kommen. Mein Argument, dass gerade die Impfung diese auslösen kann, wurde nicht akzeptiert. Meine Schwester ist die Ältere, also habe ich nichts mehr gesagt. Vor ein paar Monaten telefonierten wir – sie hatte den Booster hinter sich – und als ich auf den Ukraine-Krieg zu sprechen kam, schnauzte sie mich plötzlich an und meinte: “Dass gerade Du auf die Russenpropaganda reinfällst, war klar, man hat ja schon bei Corona gemerkt, wie Du drauf bist!” Besonders dreist, da ich mich schon Jahre zuvor mit dem Donbass beschäftigt hatte und daher ein gewisses Verständnis für die Russen habe.

Die Wesensänderung

Das Gespräch wurde beendet und ich habe mich bis zu ihrem Geburtstag monatelang ruhig verhalten – mit dem Gedanken, dass, wenn jemand auf Propaganda hereinfällt, doch sie es ist – und die Wahrheit in den nächsten Monaten rauskommen wird. Nun, ich rief sie an ihrem Geburtstag an, es waren Monate vergangen. Das Gefühl, das mich seit unserer Auseinandersetzung plagte, verstärkte sich massiv: ‚Das ist nicht meine Schwester!‘ Das Gespräch verlief freundlich, ohne Anfeindungen, aber es fühlte sich an, als sei meine Schwester, die ich sehr liebte, nach dem Booster gestorben. Ich dachte sehr lange, ich bilde mir das ein und bin nur zu empfindlich. Aber als ich erfuhr, dass sich die Proteine auch im Gehirn einnisten können, hatte ich meine Erklärung für diese extreme Wesensveränderung. Ganz ehrlich: spinne ich?