Stefan

Es war im August 2020, freitags auf dem Heimweg. Ich hatte bis dato schön öfter bei dieser Tankstelle getankt. Kein Problem für einen Maskenbefreiten.

Diesmal nicht …
Ich hatte meinen Wagen vollgetankt und wollte bezahlen.
Der Betreiber stand mit Maske hinter einer Plexiglasscheibe. Er war sehr unfreundlich und fragte mich nach meiner Maske. Ich antwortete, ich sei per Attest befreit. Er wollte mein Attest sehen, was ich aus bekannten Gründen ablehnte. Daraufhin verwies er mich des Ladens: Ich solle sofort gehen!
Was denn mit meiner Tankrechnung sei? Ich wollte doch nur bezahlen, entgegnete ich, ohne Verständnis für diese Aggression.

„Und jetzt raus!“

Das sei ihm egal, er habe ja mein Kennzeichen. „Und jetzt raus!“, fuhr er mich an.
Ach, dann bekäme ich von ihm eine Rechnung? Nein, er ließe mein Fahrzeug ermitteln und dann gäbe es eine Anzeige! „Wieso das?“ fragte ich verblüfft. „Raus!“
„Aber ich will doch bezahlen …“ Darauf ging er in einen Nebenraum und kam mit einer Alu-Wasserwaage bewaffnet wieder heraus. Er bedrohte mich mit der Wasserwaage in der Hand: „Verlassen Sie sofort mein Ladenlokal!“ „Wollen Sie mich etwa damit schlagen?“ – ich war fassungslos. Daraufhin kam nur ein weiteres, wütendes „Raus!“

Ich verließ letztendlich den Laden, völlig aufgewühlt, mein Herz schlug rasend. Mittlerweile waren zwei Frauen mit Maske aufgetaucht. Was denn los sei? Ich erzählte es Ihnen. Sie waren sehr freundlich und fragten, ob sie für mich bezahlen dürften. Dankbar nahm ich an.

Die beiden Damen haben also für mich die Tankrechnung beglichen, trotzdem konnte ich das nicht auf sich beruhen lassen. Ich war sowas von geladen! Ich habe auf dem Parkplatz eines Supermarktes um die Ecke geparkt. Dort entschloss ich mich, die Polizei anzurufen. Die ließen sich am Telefon auf nichts ein. Ich könne online Anzeige erstatten. Auf mein Drängen schickten sie einen Streifenwagen vorbei.

Anzeige oder nicht?

Ein Polizist und eine Polizistin erschienen ca. eine dreiviertel Stunde später, mit Maske. Beide waren sachlich. Sie baten mich, die Geschichte zu erzählen. Das tat ich. Danach sagten sie, sie würden jetzt mit dem Inhaber reden, um seine Version zu hören.  Sie kamen wieder und erklärten, dass der Inhaber sich entschuldige für sein Verhalten, und ob ich es damit auf sich beruhen lassen wolle. Immerhin sei Nötigung ein Strafdelikt. Mittlerweile hatte ich mich beruhigt; wenn er sich persönlich bei mir entschuldige, würde ich keine Anzeige erstatten, gab ich zurück. Die Polizisten gingen zurück in das Ladenlokal und kamen mit dem Inhaber wieder. Er entschuldigte sich bei mir. Ich nahm die Entschuldigung an und bat ihn, in Zukunft nicht so heftig zu reagieren. Danach gingen wir auseinander und ich fuhr nach Hause.

Das Ganze hat mich rund zwei Stunden Lebenszeit gekostet. Absolut überflüssig. Der Tankstelleninhaber hätte es auch auf sich beruhen lassen und mich abkassieren können, mit der Bitte, demnächst entweder das Attest vorzulegen oder woanders zu tanken. Die Tankstelle ist heute eine automatische Tankstelle – nur für Kartenzahlung. Wenn man weiß, dass Tankstellen mit Kraftstoff nicht viel verdienen, sondern das meiste mit anderen Verkaufsprodukten, sagt das einiges.

Heute würde ich nicht mehr klein beigeben, sondern Anzeige erstatten. Immerhin war das Ladenlokal videoüberwacht und der ganze Vorfall per Video dokumentiert. Aber damals, im August 2020, standen wir alle dieser außerordentlichen Situation erstmals gegenüber. Die Erfahrungen mussten erst noch gemacht werden – und das wurden sie.