Im ersten Teil von Ursulas Geschichte erzählt sie, wie die Coronamaßnahmen sie und ihren Sohn aus der Bahn geworfen hatten. Gerade hatte sie ihre Eltern verloren und fand sich plötzlich in einem Horrorszenario wieder. Ihr Sohn geriet durch den Lockdown in eine tiefe Krise und begann zu trinken. Im zweiten Teil macht sie sich Luft über die Politik und viele ihrer Mitmenschen.


Ursula, 57, Texterin

Ich habe schon einiges durchgemacht; geheult habe ich in all den Jahren fast nie. Aber jetzt möchte ich nichts Anderes mehr tun. Da ich freiberuflich tätig bin, zwingt mich die reine Not zum Glück jeden Tag aus dem Bett und an den Schreibtisch. Durch den Coronairrsinn sind wir beide heillos seelisch abgerutscht, da er uns im ungünstigsten Moment erwischte, als es uns sowieso schon schlecht ging und die seelischen Abwehrkräfte fehlten. Ich habe bei alldem auch noch massive Angstzustände und psychosomatisch bedingtes gelegentliches Herzrasen entwickelt, was einfach nur die Hölle ist. Aber wir sind stolz darauf, widerstanden zu haben: Keiner von uns ist gegen Corona geimpft. Wir haben auch keinen einzigen Coronatest gemacht.

Und beide sind wir mit je einem Exemplar der FFP-2-Maske durch die Zeit gekommen. Den Supermarktverkäuferinnen zuliebe, die hier mit massiven Strafen bedroht wurden, wenn sie die Maskenpflicht bei den Kunden nicht durchsetzen würden. Da die ebenfalls alle völlig im Arsch und genauso unterbezahlt sind, hätte ich mit denen keinesfalls Diskussionen darüber begonnen. Ob wir beide Corona schon hatten, könnte ich nicht sicher sagen: Da war mal eine unangenehme Erkältung mit Husten und Fieber. Könnte Corona gewesen sein. Eine Art Grippe halt, völlig egal.

Wir sitzen in der kalten Wohnung

Nun wäre es Zeit, sich aus dem Tief rauszuarbeiten. Doch diese Politmonster lassen einfach nicht locker. Sie sind wie Geier in unseren Haaren. Aufgrund der finanziellen Situation und der heutigen Energiepreise beschloss ich dann, weder die Gretasteuer noch den Putinobulus abzudrücken, sondern das Heizen konsequent sein zu lassen. Jetzt sitzen wir hier in der eiskalten Wohnung. Wenn die Temperaturen draußen in den Minusbereich rutschen, haben wir manchmal nur noch kuschelige drei Grad im Raum. Aber auch das werden wir irgendwie aussitzen: Mehrere Schichten Klamotten und abends eine Wärmflasche machen es möglich. Außerdem passt sich der Organismus den Verhältnissen an und man wird paradoxerweise seltener krank.

Ich könnte jetzt hinausgehen und irgendeinen anderen Job machen (falls ich sowas mit 57 Jahren noch finde), in der Hoffnung, ein paar Euro mehr hereinzuholen, da inzwischen aufgrund der Wirtschaftskrise auch noch die Auftragslage einbricht. Das traue ich mich aber nicht, da es meinem Sohn derart schlecht geht und ich einfach jederzeit für ihn da sein will, wenn es Not tut. Wir haben derart viel gemeinsam durchgemacht, dass ich ihn unter keinen Umständen im Stich lassen werde. Da er ein schlauer Kopf ist, hat er die politische Lage bis zum Grund durchschaut.

Hassverzerrte Augen

Das lässt ihn beim Gedanken an die Zukunft derart verzweifeln, dass mir Angst und bange wird. Die momentane Situation bricht mir das Herz. Zum ersten Mal in meinem Leben habe ich keine Idee mehr, wie es weitergehen soll. Was auch immer man aufbaut: Der Staat wird es sowieso über kurz oder lang zerstören.

Hinzu kommt, dass mir in der Coronazeit ein großer Teil der Menschheit derart widerlich geworden ist, dass ich mir nicht mehr vorstellen kann, irgendwann wieder unbefangen unter Leute zu gehen. Da waren die hassverzerrten Augen einer mir völlig unbekannten Frau in der Warteschlange im Supermarkt und diese hysterische Stimme: „Ich dachte, hier ist Maskenpflicht!“ – Die Maske hatte ich unter die Nase gezogen, weil die von der Atemluft beschlagene Brille es schwermacht, das passende Kleingeld herauszusuchen. Es war nicht das einzige Erlebnis dieser Art. Nein, die Menschen haben sich kein Stück weit geändert. In den letzten Jahrzehnten wussten sie ihren miesen Spirit nur besser zu verbergen. Mangel an Gelegenheit ist eben noch lange kein Beweis für einen brauchbaren Charakter.