Mandy, 51

Mein Mann war Franzose und ich bin Deutsche. Wir haben sechs Kinder. Ende 2019 erbrach mein Mann Blut. Ich überredete ihn regelrecht dazu, ins Krankenhaus zu gehen. Dort kam er gleich auf die Intensivstation und erhielt eine Bluttransfusion. Er hatte eine Zyste in der Speiseröhre.

Im März 2020 erhielten wir die Diagnose Krebs. Es war ein kleiner Tumor, den die Zyste versteckt hatte. Mein Mann bekam eine Chemotherapie – der Tumor verschwand zwar nicht, wurde aber auch nicht größer und kapselte sich ab. Sein Blutbild war auch fast bis zum bitteren Ende gut, ohne Tumormarker und ohne Metastasen.

Niemand wollte helfen

Im Sommer 2020 ging es aufwärts, er konnte essen, erholte sich gut. Im Spätsommer erbrach er plötzlich wieder Blut, kollabierte mehrfach zu Hause, schrie vor Schmerzen und ich suchte verzweifelt nach Hilfe. Unsere Klinikärztin war plötzlich wie vom Erdboden verschwunden.

Niemand wollte uns helfen. Man hielt die Klinikbetten frei – für mögliche Coronafälle. Einmal war ich mit meinem Mann im Krankenhaus und sah selbst, wie viele Betten dort tatsächlich frei waren. Wir wurden trotzdem wieder heimgeschickt. Unsere Hausärztin hatte sich schon davor in Rente verabschiedet, meinem Mann ging es derweil immer schlechter.

Corona-Maßnahmen im Elsass

Genau in dieser Zeit kamen auch noch diese Maßnahmen. Wir durften nicht länger als eine Stunde das Haus verlassen, mussten Zettel dabeihaben, die alle paar Tage von der Politik geändert wurden, worauf man Name, Adresse, Uhrzeit und Datum vermerken musste. Zusätzlich durfte man nur ein Kind unter 14 Jahre mit nach draußen nehmen. Außerdem durften wir uns nur im Radius von einem Kilometer bewegen und zeitweise sogar nur 250 Meter vom Haus entfernen. Die Schulen waren öfter geschlossen als geöffnet und Homeoffice funktionierte gar nicht. Zudem tauchten Berichte in den Medien auf, die man später wieder löschte, dass man die Triage einführte und Menschen ab 70Jahren, oder schwerer Erkrankte, Ungeimpfte nicht mehr behandelte, sondern Ihnen Sterbehilfe zukommen lässt. Dann sprach man plötzlich von Coronalagern, die gebaut wurden.

Manche Leute sind richtig böse geworden, als das mit dem Spritzen losging und selbst biedere Hausfrauen wünschten Ungespritzten nicht nur den Tod, sondern ein qualvolles Sterben. Ich weiß, dass das Zwischenmenschliche in Frankreich besser war als in Deutschland, aber es liegt wahrscheinlich am Elsass und der Mentalität.

Es war bereits zu spät

Mein Mann konnte bald gar nichts mehr zu sich nehmen, wurde über Port versorgt und ich pflegte ihn zu Hause. Schließlich sollte er doch operiert werden, aber da war es bereits zu spät. Er kam nach Nancy ins Krankenhaus, ein Teil der Speiseröhre wurde entfernt und ersetzt und keine 24 Stunden später wurde er von einem medizinischen Fahrzeug – kein Krankenwagen- in eine Klinik verlegt, während der Fahrer rücksichtslos war, extra Kurven und lange Strecken fuhr, um eine Freundin zu beeindrucken. Wir hatten immer noch Hoffnung; die Prognosen waren ja Anfang 2020 sehr gut gewesen, bis zu diesem Zeitpunkt hatte er auch keine Metastasen.

Er blieb noch eine Zeitlang im Krankenhaus – uns wurde dann schließlich mitgeteilt, dass mein Mann nun nicht mehr zu retten wäre und nun der nächste und letzte Schritt eine palliative Versorgung wäre.  Ich nahm meinen Mann mit nach Hause, weil ich nicht wollte, dass er einsam irgendwo stirbt, wie es meiner Tante in Bayern mit ihrem Mann ergangen war. Es war alles so schlimm und traumatisierend, auch für die Kinder und unseren Hund, ein Shiba Inu, der sich oft neben meinen Mann legte, um zu wachen. Mein Mann konnte nicht mehr liegen, nichts mehr essen und trinken, Tag und Nacht lief das laute Blutpumpgerät, was andauernd verstopft war.

Als er anfangs nach Hause kam, bekam er einen Schub, fühlte sich dann aber schnell wieder besser und machte mit einer Tochter Krankengymnastik. Dann kam der schlimme Anruf, der alles veränderte. Ein fremder Arzt war dran, nicht unsere Klinikärztin, und er wollte unbedingt meinen Mann sprechen … leider gab ich ihm das Telefon. Ich bereue das bis heute.

Der Arzt riet zum Koma

Mein Mann wurde blass, fiel in sich zusammen, als der Arzt ihm den Vorschlag machte, in die Klinik zu kommen und sich bis zum Tod ins Koma legen zu lassen – mit der Begründung, er solle doch an seine Familie denken. Seitdem verschlechterte sich sein Zustand rapide, egal wie sehr ich und meine Kinder uns bemühten, ihn aufzubauen. Sein Sterben war schrecklich und ging über viele Stunden, weil sein Herz noch so gut war … Er erbrach dauernd schwarzes Blut und konnte nicht reden, obwohl er uns noch so viel sagen wollte. Er bemühte sich mit aller Kraft.

Einmal hat mein Mann gefragt, ob er falsch beten würde … das vergesse ich nie. Er hat immer daran geglaubt gesund zu werden; er wäre vielleicht keine 80 Jahre alt geworden, aber 15 Jahre hätten wir gewiss noch gehabt, wenn er rechtzeitig behandelt worden wäre. Er war so tapfer und meine Kinder auch … und ich sicher auch irgendwo. Wir mussten schon viele schwere Zeiten im Leben meistern, aber das hat mich gebrochen – für immer. Trotzdem kämpfe ich als gebrochene Kriegerin weiter und versuche, das Beste aus diesem Leben zu machen, hauptsächlich für meine Kinder.

Impfen in der Sterbephase

Mein Mann sollte, schon fast in seiner Sterbephase, gegen Corona gespritzt werden. Was für ein Irrsinn, das sagten selbst Krankenpfleger, die kamen, um Medikamente zu verabreichen, die ich ihm vom Gesetz her nicht geben durfte.

Mit der Gesellschaft im Allgemeinen habe ich aber abgeschlossen. Es war alles so asozial. Manche genossen es richtig, Menschen auszugrenzen. Die gingen in Cafés, guckten hochmütig aus den Fenstern und lachten, obwohl mir das Lachen oft sehr künstlich und gestellt vorkam. Ich lebe in einem 1600 Einwohnerdorf. Auch wenn ich nicht viel unter die Leute komme, kenne ich jetzt schon vier Fälle, wo Menschen sterben mussten, weil sie in der Coronazeit ebenfalls nicht – oder nicht rechtzeitig – behandelt worden waren.

Man spricht jetzt häufig über Corona, über Impfopfer, aber uns vergisst man oft, denn uns gab es auch, die Unbehandelten und ihre Hinterbliebenen.


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