Martina, 67, Floristin

Eine jahrzehntelange Freundschaft verbindet mich mit einer Nachbarin, der ich viel zu verdanken habe und die auch mir viel verdankt. Wir Frauen haben unsere Schwangerschaften gemeinsam erlebt und danach die Kinder groß gezogen. Unsere Männer hatten ihre Berufe und wir sind in enger Verbundenheit zusammengewachsen. Freud und Leid haben wir stets geteilt; Schicksalsschläge nahmen wir mit Offenheit und Unterstützung so an, wie sie uns ereilten. Wenn es nötig war, haben wir einander Trost gespendet und uns in die Arme genommen, ganz normal.

Masken tragen? Verrückt!

Wir lebten in einer wunderbaren Gegenseitigkeit der Hilfsbereitschaft und Fürsorge mit den Nachbarn und hielten 30 Jahre lang in guten und schlechten Zeiten zusammen. Dann kam Corona. Während einige Nachbarn sich den Verordnungen wie Maske tragen ohne Nachdenken und Nachfragen umgehend unterordneten, haben meine Freundin und ich sofort gesagt: “Was ist denn das für ein Unsinn?”.

Wir haben uns nicht geweigert, eher hatten wir gleich den Gedanken, dass es blöder wohl nicht geht. Rein intuitiv kam uns dieses Maskentragegebot vor, als wäre man von allen guten Geistern verlassen. Es begann damit, dass wir zu keiner Zeit daran dachten, uns so einen schwachsinnigen Fetzen um den Mund zu binden. Wir lachten und scherzten noch, als wir von heute auf morgen plötzlich die Menschen mit ihren Masken sahen. Unverständnis und Unglaube machten sich breit. Als mein Mann an Krebs erkrankte und später starb, gab sie mir Halt und Zuversicht. Dies gab ich ihr zurück, als ihr Mann nach der Impfung gegen das “Schweinegrippe” – Virus an einer Autoimmunkrankheit, eine der Nebenwirkungen des Impfstoffs, erkrankte. 2019 war diese Erkrankung so weit fortgeschritten, dass ihr Mann an den Rollstuhl gefesselt war.

Das Martyrium begann

Im Zuge der Coronamaßnahmen ging es mit ihm steil bergab. Die Maske konnte er aufgrund seiner Erkrankung nicht tragen, weshalb er dann auch nicht mehr unter Menschen gehen durfte. Meine Freundin hat ihn nach einem “Schub” ins Krankenhaus bringen müssen. Dann kam die Ausgangssperre und damit die Isolation: Von heute auf morgen durften wir beide nicht mehr zu ihm.
Es begann ein Martyrium. Sie wusste nicht mehr weiter und fühlte sich schuldig, ihren Mann ins Krankenhaus gebracht zu haben. Dorthin, wo man ihr plötzlich den Zutritt verweigerte. Wir hatten uns immer geweigert, uns gegen etwas impfen zu lassen, was wir für unnötig hielten.

Kein Krankenhausbesuch ohne Impfung

Nachdem das KH meiner Freundin keinen Einlass ohne Test, Maske und später Impfung gewährte, kam sie weinend zu mir. 2021 wurde es dann immer bedrohlicher; wir versuchten, uns gegenseitig Stärke und Kraft zu geben. Unsere Jungs, längst erwachsen, gingen ihre eigenen Wege.

Sie sahen plötzlich keine aufgeschlossenen Mütter mehr, die beinahe jeden Stein aus dem Weg räumen könnten, sondern zwei Freundinnen, die sich aneinander klammern, um diesen “Felsbrocken”  zu überwinden. Ich übernahm wie immer den Part der etwas resoluten “Mutter Rabiata”, sie den Part der gutmütigeren “Mutter Teresa”. So kann man unsere Freundschaft ganz gut beschreiben. Ich bat sie inständig, sich nicht impfen zu lassen: „wir dürfen uns nicht erpressen lassen!“ Eine Weile ging dies gut.

Die Zerreißprobe

Doch als man ihr sagte, sie darf keinen Kontakt zu ihrem Mann haben, wenn sie nicht dreimal die Woche getestet wäre, hat sie sich dem gebeugt. Und als es hieß, sie dürfe ihren Mann nicht mehr besuchen, solange sie ungeimpft ist, hat sie sich impfen lassen. Meine Freundin hat seit der Impfung immer wieder grippeähnliche Symptome die, nun weiß man mehr, als Long Covid bezeichnet werden. Zwischendurch hat sie ihren kleinen Hund verloren.

Ihr Sohn hat sein Studium Kulturpädagogik abgebrochen, da er das private Desaster nervlich nicht ertrug. Mein Sohn hat sich im Rahmen seines Dienstgrades der Bundeswehr nicht geweigert, sich impfen zu lassen. Er ist nach wie vor davon überzeugt, für sein Vaterland einzustehen, koste es, was es wolle – er würde für andere auch sein Leben geben.