Arno, 52, Priester

Corona hat mich als Priester vollkommen überrascht.

An einem Mittag kam von der Bistumsleitung eine Mail, dass mit sofortiger Wirkung alle Kirchen geschlossen sind und alle Gottesdienste ausfallen. Ich bin dann mal davon ausgegangen, dass die meisten Gläubigen dies überhaupt nicht mitbekommen haben – nicht so sicher war ich mir bei den Küstern, und falls die es mitbekommen hatten, fragte ich mich, wie strikt sie sich daran halten würden.

Als Pfarrvikar habe ich keine Schlüssel zu den „Nebenkirchen“. Entsprechend habe ich in der Hauptkirche die heilige Eucharistie mitgenommen und bin ganz normal zur Abendmesse gefahren. Ich dachte mir, wenn die Kirche zu ist, halte ich vor der Kirche einen kleinen Wortgottesdienst und teile den Gläubigen die heilige Kommunion aus. Gott sei Dank war dies nicht nötig, da die geforderte Kirchenschließung noch nicht bis zum Küster durchgedrungen war.

Geheime Messen

In den nächsten Wochen jedoch waren alle Kirchen geschlossen und die Bistumsleitung hat jeden öffentlichen Gottesdienst strikt untersagt. Als öffentlicher Gottesdienst wurde jedes Zusammentreffen betrachtet, das außerhalb der Kirche stattfand. Innerhalb der Kirche konnten die Gottesdienste weiter stattfinden, jedoch hinter verschlossenen Türen und unter Ausschluss der Gläubigen. Jede Zuwiderhandlung, so die Drohung der Bistumsleitung, würde mit der Suspendierung vom priesterlichen Dienst geahndet werden. Ich hätte nie gedacht, dass ich einmal „Katakombenmessen“ feiern würde.

In aller Heimlichkeit trafen sich kleine Gruppen von Gläubigen in Einfamilienhäusern, Hinterzimmern von Geschäften oder Arztpraxen. Ich selbst, in ziviler Kleidung, packte alles Nötige in einen Rucksack und machte mich auf den Weg, um eine Messe zu feiern. Die geheimen Treffpunkte waren oft weit weg, teils musste ich über 100 km fahren. Das Auto habe ich irgendwo abgestellt und bin über verschlungene Wege zu den Gläubigen gelaufen. Diese waren vom „Organisator“ persönlich eingeladen und, über einen längeren Zeitraum verteilt, einzeln in die Räumlichkeiten eingelassen worden.

Kein Beistand für Sterbende

Genauso heimlich ging es auch wieder heraus. Man musste sichergehen, dass man keine Aufmerksamkeit erregt. In den entsprechenden Räumlichkeiten habe ich dann mit den Gläubigen die heilige Messe gefeiert und auch die Beichte gehört. Viele Bekannte von mir, quer über Deutschland verteilt, hatten dieses Glück nicht. Diesen habe ich dann, was strengstens verboten ist, die Kommunion per Post zugesandt.

Tragisch war ein Tag, an dem ich zu einem Sterbenden ins Krankenhaus gerufen wurde. Dieses war polizeilich abgeriegelt, und obwohl es Seelsorgern gesetzlich in jeder Notsituation zugestanden wird, wurde ich nicht hineingelassen. Ich bin es ja schon gewohnt, dass der Bischof seinen Job nicht macht, er ist eigentlich der Seelsorger der Priester. Bis heute hat er sich nicht ein einziges Mal bei mir erkundigt, wie es mir in der Coronazeit gegangen ist.

Machtmissbrauch ist Wirklichkeit

Ich hatte vorher schon immer das Gefühl, dass ihm seine Priester vollkommen egal sind – ein Eindruck, der sich in den letzten drei Jahren nur erhärtet hat. Ja, es stimmt: Machtmissbrauch ist in der Kirche ein Problem. Spätestens seit Corona ist mir endgültig klargeworden, dass dieser faktisch nur von Bischöfen ausgeht.

Was habe ich aus dieser Zeit gelernt? Wenn die Kirche in Deutschland wieder zu einer realen Glaubensgemeinschaft werden soll und nicht den Technokraten einer Bischofsdiktatur unterworfen sein will, für die die Kirche eine Organisation ist wie eine Partei oder eine NGO, in der sie Karriere machen, sich bereichern und Machtspielchen treiben können, muss dem Laden der Geldhahn zugedreht werden.

Ich kann jeden Gläubigen bestens verstehen, der sagt: „Für eine solche Institution will ich nicht mehr zahlen.“ Und ich kann auch jeden Gläubigen nur ermutigen, dies in die Tat umzusetzen und aus der Kirche auszutreten. Mitglied der Kirche ist man nicht, weil man zahlt, sondern weil man getauft ist und seinen Glauben praktiziert.


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