Helmut, 52, Betriebsrat und Sicherheitsfachkraft
Meine Geschichte spielt in einem mittelständischen Unternehmen mit etwa 150 Leuten, genauer, einem Werk eines amerikanischen Konzerns. Viele Jahre drehte ich dort schon meine Runden, kannte die meisten Kollegen mit Namen. Solange die Ergebnisse passten, redete die höhere Leitung den einzelnen Werken nicht allzu sehr ins Tagesgeschäft. Das endete mit Corona.
In meiner Doppelfunktion als Betriebsratsvorsitzender und Sicherheitsfachkraft (SiFa) konnte ich dem Corona-Thema natürlich nicht ausweichen. Dabei hatte ich frühzeitig den Eindruck gewonnen, dass wir damit umgehen sollten, wie mit jeder Grippewelle bisher auch: Wer krank ist, bleibt zu Hause, und man sollte sich eben öfter mal die Hände waschen.
Arbeitssicherheits-Ausschuss wird kaltgestellt
Über den Buschfunk hieß es irgendwann im März 2020, es gäbe jetzt einen Corona-Krisenstab, zuständig für alle Werke in Deutschland. Wer die Leitung hatte, war klar, aber nicht, wer genau dazugehörte, ob medizinischer Sachverstand an Bord war und was er überhaupt regeln sollte.
Normalerweise hätte der werkseigene Arbeitssicherheits-Ausschuss (ASA) das ganze Thema eigenständig bearbeiten können. Dort sitzen Vertreter des Betriebsrates, ein Betriebsarzt, ein Vertreter der lokalen Leitung und die Fachkraft für Arbeitssicherheit. Aber natürlich kann man auch Dinge zentralisieren. Also wäre der korrekte Weg gewesen, dass die oberste Leitung die ASA Gremien darüber informiert, welchen Regelungsbedarf sie nun durch ihren Krisenstab abdecken will und wie der Informationsfluss von Leitung zu ASA erfolgt.
Nun, der ASA wurde nicht gefragt, er wurde nicht mal zur Kenntnis genommen, er wurde einfach ignoriert. Auch der Betriebsrat wurde nicht informiert. Die Arroganz der Macht trat überdeutlich zutage.
Der Corona-Krisenstab
Der Corona-Krisenstab trat auf wie der „Wohlfahrtsausschuss“ der Französischen Revolution. Nur hatten sie keine Guillotine. Aber sie hätten sie ohne mit der Wimper zu zucken eingesetzt. Das Ganze lief so: Jede Woche teilte der Krisenstab jetzt den Werkleitungen in einer Telefonkonferenz mit, was wann wie umzusetzen sei. Alles telefonisch, kein Protokoll, keinerlei offizielle Verlautbarung, nicht ein Papier, das der Krisenstab selbst mit Datum, Name des Unterzeichnenden und Unterschrift autorisiert hätte. Nein, die Werksleiter sollten die Drecksarbeit in ihrem Laden übernehmen, und sie haben sie übernommen. Kritik seitens der Werke oder eine eigene Meinung in diesen Telefonkonferenzen war nicht erwünscht.
Konkret hieß dies bereits im März 2020: Eine Zoneneinteilung des Werkes mit dem Ziel der Separierung und Abschottung der Belegschaftsteile gegeneinander auf allen Ebenen. So stelle ich mir in erster Annäherung eine Lagerordnung vor.
Wir reden nur noch über das „Wie“ nicht über das „Ob“
Besonders gut ist mir in Erinnerung, wie im Frühling/Sommer 2020 eine allgemeine Maskentragepflicht per Betriebsvereinbarung beschlossen werden sollte.
Dem Betriebsrat wurde ein Vorschlag unterbreitet. Ich teilte der Leitung mit, wann wir darüber im BR diskutieren und abstimmen würden. Ein Tag davor bekamen wir als BR unerwartet hohen Besuch von einem Vertreter der höheren Leitung. Es ginge bei dem Maskenthema jetzt nur noch um das „wie“ und nicht mehr um das „ob“. Ich führte das Wort dagegen, redete mich ich Rage.
Im zweiten Teil lesen Sie in Kürze, wie es Helmut in seinem Betrieb weiter erging …
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